Veröffentlicht bei Stylepark
Für Stylepark habe ich den Fashionstore Tem-Plate in Lissabon besucht. Lesen Sie den Originalbeitrag bei Stylepark.
In der portugiesischen Hauptstadt hat das Berliner Studio Gonzalez Haase AAS das Interior eines exklusiven Concept Stores gestaltet. Wir haben uns darin umgeschaut.
Modeshop oder Art Space? Manchmal lässt sich das nicht so genau sagen – wie bei diesem Lissabonner Projekt des Studios Gonzalez Haase AAS aus Berlin. Aus dem Altstadtzentrum kommend, sind es einige Fahrminuten am Ufer der Tajomündung entlang, vorbei an Containerhäfen und Industrieflächen, bis hinter einem Straßenknick im Stadtteil Marvila ein Ensemble aus in die Jahre gekommenen Bürohäusern und Lagerhallen auftaucht. Das Gelände wirkt verlassen. Besonders an diesem heißen Samstagmittag im Mai ist es kaum vorzustellen, dass hier der experimentellste Concept Store der portugiesischen Hauptstadt eröffnet haben soll.
Nur das Flattern eines gelben, transluzenten Streifenvorhangs im Wind verrät, dass sich hinter diesem Hallentor etwas verbirgt, das entdeckt werden will. Hier befindet sich der neue Fashionstore Tem-Plate der beiden Luxusmodeexperten Rune Park und Robby Vekemans, den sie gerade ebenso wie einen gleichnamigen Onlineshop eröffnet haben. Am Eingang ruht ein riesiger Marmorbrocken. Dahinter tut sich ein vielgestaltiges Raum- und Materialkonzept auf. Die Kleider – dafür ist das Interior von Pierre Jorge Gonzalez und Judith Haase konzipiert – wirken kuratiert wie in einer Galerie: ein von Boden bis Decke weiß gehaltener Raum, der mit weißem Neonlicht geflutet ist, um dem hellen Sonnenlicht draußen etwas entgegenzusetzen. Im Zentrum ein ringförmiges Gestänge und ringsherum raumteilende Wände, Theken und Jalousien.
Für die Einbauten hat das Berliner Duo schlichte Baumaterialien kombiniert. Dass das Ganze dennoch so sexy wirkt, ist der Kunst des Architektur- und Designstudios zu verdanken, dem es gelingt, verschiedene Komponenten zu etwas Edlem zu addieren. So wurden die Profile der Wände und Möbel aus Pressspanplatten jeweils roh und unverblendet belassen, während die Flächen mal mit silberner Isolierfolie, mal mit Aluminiumplatten, mal mit Glasscheiben verkleidet sind. Dazwischen tummeln sich Holzhocker, Sitze und Tische aus unbehandeltem Aluminiumblech, dessen Produktcode noch deutlich zu erkennen ist, und eine Sitzgruppe aus „Roly-Poly Dining Chairs“ der britischen Designerin Faye Toogood. Der administrative Teil des Tem-Plate Stores wird durch Leichtbauprofile vom Shop abgetrennt, die nicht ganz deckenhoch mit silbergrauen Hohlkammerplatten verkleidet sind.
Genau dieses Unfertige und galeriehafte spiegelt letztlich das Anliegen des Concept Stores wider, ausschließlich die Highlights und zum Teil limitierte Editionen aus ihrem Gesamtsortiment des Onlineshops zu präsentieren – unter anderem von Labels wie Comme des Garçons, Jil Sander, Loewe, Maison Margiela, Moncler, Off-White, Raf Simons, Thom Browne oder Yohji Yamamoto. Um den Zulauf müssen sich Park und Vekemans wenig sorgen machen. Das Geschäft läuft zwar derzeit hauptsächlich online. Doch Marvila ist im Kommen, der Tourismus drängt die Kreativen an den Stadtrand. So ist das Tem-Plate in bester Nachbarschaft zahlreicher Künstler- und Designerateliers sowie etlicher privater Galerien. Wenige hundert Meter entfernt entsteht zudem gerade direkt am Wasser ein Luxuswohnprojekt aus der Feder des Büros Renzo Piano. Damit dürfte die Ruhe hier draußen bald ein Ende haben.
Fotos: Thomas Meyer / Ostkreuz