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Veröffentlicht bei Stylepark

Mit dem Lindley Lindenberg Hotel eröffnete im Frankfurter Ostend das dritte Haus der Lindenberg-Gruppe. Gestaltet wurde es von Studio Aberja. Für Stylepark war ich zu Gast. Lesen Sie den Originalbeitrag bei Stylepark.


Im Hotel zuhause: Wie das Lindley Lindenberg im Frankfurter Osthafen die Brücke zwischen der Stadt und ihren Besuchern schlägt.

Dass im Hospitality-Geschäft das Storytelling ausschlaggebend ist, haben die Macher der Lindenberg Hotels in Frankfurt verstanden. Mit dem Lindley eröffnete nun das dritte Haus der Gesellschaft. Nach dem Erstling Lindenberg im Frankfurter Ostend mit zehn und der Libertine im Herzen von Alt-Sachsenhausen mit dreißig Zimmern zählt dieses nun einhundert Zimmer. Erprobt wird damit die Skalierbarkeit eines neuartigen Konzepts: Die Lindenberg-Gesellschaft beschreibt sich als „Gästegemeinschaft“, die auf geschäftliche Kurzzeitbesucher genauso wie auf Dauergäste zielt. Stichwort: Co-Living.

Das Vorspiel
Der Eröffnung voraus ging ein Roman des polnisch-deutschen Autoren Artur Becker. Der unsterbliche Mr. Lindley erzählt vom Familientreffen der Brikschinskis, einer deutsch-polnischen Familie, die sich wie jedes Jahr, wenn die Eltern des Protagonisten Robert aus Kanada in ihre Heimat Polen kehren, bei einem Zwischenstopp in Deutschland zusammenfindet. Ort ihrer Begegnung ist diesmal das neue Lindley Hotel in Frankfurt, das während ihres Aufenthalts zahlreiche kuriose, abenteuerliche und zwischenweltliche Begegnungen bereithält. Becker beschreibt Schauplätze der Stadt ebenso wie das Lindley selbst, das auch in der Realität viel Abwechslung verspricht.

Der Entwurf für den Neubau stammt vom Frankfurter Büro Franken Architekten, das bereits die vorherigen Lindenberg-Häuser geplant und realisiert hat. Das Besondere am Raumprogramm im Lindley: Die Gemeinschaftsflächen sind nicht wie sonst für Hotels üblich nur auf das Erdgeschoss verteilt; sie erstrecken sich übereinandergestapelt an der gesamten Vorderseite bis zum sechsten Obergeschoss. Ist das Haus gut besucht, zeichnet sich außen ein regelrechtes Wimmelbild ab, denn die Architekten haben es mit einer Glasfassade versehen, hinter der teils im Splitlevel, teils doppelgeschossig die Raumfunktionen angeordnet sind.

Industrielles Erbe
Gerahmt wird die sogenannte „Wunderkiste“ von einer massiven Installation aus Gusseisen. Dafür wurden der Fassade 2.000 Einzelteile mit einem Gewicht von je 25 Kilogramm vorgehängt. Das Ornament der Gusseisenteile stammt vom Frankfurter Grafikdesignbüro Pixelgarten und basiert auf einem hexagonalen Raster, das aus zehn unterschiedlichen Dreiecken bespielt wird. Die Motive sollen mal an Wasser, mal an Dächer und mal an Bäume erinnern, und entwickeln ebenso wie die Geschossbänder vor der Glasfassade eine Ästhetik zwischen Art Nouveau und Art déco, so die Architekten. Hergestellt hat die Elemente eine Gießerei aus Limburg, die normalerweise Gullideckel und Baumschutzgitter produziert. Mit diesem außergewöhnlichen Detail spielen sie auf die Lage des Hotels im Frankfurter Osthafengebiet an, dessen Bedeutung als wichtigster Industriehafen der Stadt man auf der gegenüberliegenden Seite des nahen Hafenbeckens noch erkennt – das sich derzeit aber mit zahlreichen Bürokomplexen, weiteren Hotels, Gastronomie und Wohnungsbauprojekten im Aufwind befindet. Aber auch auf William Heerlein Lindley, einen Ingenieur, der Ende des 19. Jahrhunderts Wasserversorgungs- und Kanalisationssysteme europäischer Großstädte entwickelte. Unter anderem in Frankfurt am Main. Ihm verdankt das Hotel seinen Namen, genauer der Lindleystraße, in der sich das Haus befindet.

Die Gestaltung des Interiors hat das Frankfurter Studio Aberja der Architekten Juliane Maier Robin Heather übernommen. Auch hier gibt es Anspielungen auf die industrielle Geschichte der Nachbarschaft. Der Boden des gesamten Hauses besteht aus einem fast schwarzen Gussasphalt, der grob angeschliffen wurde. Generell aber vermittelt das Interior entspannte Hochwertigkeit. Die Wände im Empfangsbereich sind holzvertäfelt, der Tresen besteht aus dem Naturstein Anröchter Dolomit. Die Regalmöblierung aus Metallgestänge im Café greift das Design der Funktionsmöbel in den Gästezimmern auf, die auf dem Raster der Fassade und der Fliesen basieren, die im Haus verwendet werden. Bei der Bestuhlung bleibt das Studio Aberja konsequent und setzt praktisch im gesamten Haus auf Klassiker und Neuinterpretationen von Thonet. Teilweise wurden dafür Vintage-Stücke aufwendig restauriert und zeitgemäß neu lackiert.

Öffnung zur Stadt
Empfehlenswert ist nicht nur das Café mit eigener Bäckerei, die sowohl Hotelgäste als auch Nachbarn mit hausgemachtem Sauerteigbrot und Gebäck versorgt. Probiert werden sollte unbedingt auch das vegetarische Restaurant Leuchtendroter im Erdgeschoss, das von den Machern des Frankfurter Sternerestaurants Seven Swans betrieben wird. Die Zutaten stammen aus regionalem Anbau. Serviert wird auf Geschirr der Keramikerin Viola Beuscher, die nur wenige Kilometer entfernt im Bahnhofsviertel produziert.

Zum öffentlichen und halböffentlichen Teil des Hauses gehören darüber hinaus die von unten nach oben über die „Wunderkiste“ hinweg verteilten Räume: der Konferenz- und Konzertsaal „Panoptikum“, die „Gute Stube“ mit Rams-Plattenspieler, Elektrokamin und einer kleinen Bücherauswahl, der Indoor-Kräutergarten mit angrenzendem, doppelgeschossigem Pflanzenwald, ein Co-Working-Raum, eine Gemeinschaftsküche im vierten Obergeschoss, die Bar Marmion in einem Ambiente aus Beerentönen und einem mit Bleiglas verkleideten, hinterleuchteten Tresen, und schließlich die über eine Wendeltreppe erreichbare Dachterrasse sowie eine weitere kleine Gemeinschaftsküche im sechsten Obergeschoss.

Kompakte Rückzugsorte
Der Weitläufigkeit der öffentlichen Räume stehen die kompakten Gästezimmer gegenüber, die es mit 16 und 22 Quadratmetern Wohnfläche gibt. Gestalterisch haben die es in sich: Ein Raumteiler kombiniert Aufbewahrung und Waschplatz, Thonet-Klassiker stehen zeitgenössischen Möbeln des französischen Labels Petite Friture gegenüber und die Toilette verschwindet in einer kleinen Zelle zwischen Zimmertür und Dusche. „Was wir keinesfalls wollten, war eine abgetrennte Badbox“, erklärt der Architekt Robin Heather das Konzept für das offene Bad. Die überwiegende Zahl der Gäste würde ohnehin allein reisen. Zehn der einhundert Zimmer sind dabei ausschließlich Dauergästen vorbehalten.

Das Lindley Lindenberg: kein klassisches Hotel, keine Wohngemeinschaft und doch – beides, wie Denise Omurca von der Lindenberg Hospitality Gesellschaft bestätigt. „Mit der Einbeziehung der Nachbarschaft bietet das Lindley ein wenig das, was man früher aus den Grand Hotels kannte“, fasst Nicole Franken vom Büro Franken Architekten zusammen. Nur eine strikte Grenze zieht das Haus: AfD-Wähler und Pelzträger, so lautet die Ansage auf einem Schild am Empfang, bleiben bitte draußen. Willkommen in Frankfurt!

Fotos: Steve Herud, Lindenberg